Auch etliche Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise ist festzuhalten: Viele Menschen trauen der Bankenwelt nicht zu, dass sie Geld und Moral unter einen Hut bringen kann. Banken gelten bei den Kunden nicht selten als schlicht unmoralisch. Doch das Ziel einer Bank muss eigentlich sein, dass man ihr vertraut, weil man sie für glaubwürdig hält. Was auch sonst?
e-Unternehmensethik
Bankgeschäft mit Werten
Sind Moral und Gewinne überhaupt verträglich?
Die Evenord-Bank hat 2009, angestoßen durch die Teilnahme am Wettbewerb Deutschlands Kundenchampions, damit begonnen, sich mit dem Thema werteorientierter Mitarbeiterführung auseinanderzusetzen. Dafür braucht es zunächst einmal Werte. Werte sind Teil einer Moral - und so war die Evenord-Bank mitten in dem Spannungsfeld zwischen Geld und Moral involviert. An dieser Stelle hätte die Bank abbrechen können, die jeweiligen gesetzlichen Neuerungen abwarten und umsetzen können und sich auf Gewinnmaximierung konzentrieren können. Die Banken, die sich so verhalten, lösen aber ihre Probleme nicht. Probleme wie den Akzeptanzverlust bei Kunden oder Depressionen bei Mitarbeitern.
Ehe es überhaupt zu solchen Problemen kommen konnte, hat die Evenord-Bank deshalb auf der Basis einer wirtschafts- und unternehmensethischen Konzeption ein wirksames und vor allem glaubwürdiges Wertemanagementsystem erarbeitet und eingeführt. Sinn und Ziel dahinter ist es, die Bankstrategie, die moralischen Forderungen der Gesellschaft und eine werteorientierte Mitarbeiterführung in Einklang zu bringen. Es gibt konkrete Antworten auf Fragen wie "mit welchen Methoden erwirtschaftet die Bank Gewinne?" oder „wie ist der vermeintliche Widerspruch zwischen Gewinn und Moral aufzulösen?"
Eine Bank kennt sich natürlich mit Geld und Gewinnen aus – aber wie entwickelt sie ein Wertemanagementsystem? Die Evenord-Bank hat hierfür auf drei Experten zurückgegriffen: Karl Homann, Josef Wieland und Harald Bolsinger.
Moral als unternehmerisches Kapital
Es kommt vor allem darauf an, wie ethisch der einzelne Vertrag ist und nicht nur auf die Moral im Unternehmen oder gar in der Gesamtwirtschaft. Das ist eine der Kernthesen von Professor Dr. Josef Wieland, dem Direktor des Zentrums für Wirtschaftsethik an der Universität Konstanz. Moral, so eine weitere seiner Grundannahmen, begründet Wertschätzung – entweder Achtung oder Missachtung.
Dass die meisten Unternehmen Achtung brauchen, um im Wettbewerb mitzuhalten: eine Selbstverständlichkeit. Aber wie können sie die Voraussetzungen dafür im Alltagsgeschäft bereitstellen? Laut Wieland benötigen sie eine Ethik der Führung, die wiederum auf einer Tugendethik einzelner Mitarbeiter beruhen muss. Außerdem sei ein Wertemanagementsystem erforderlich, so Wieland. Dieses System müsse in der Unternehmensführung durch definierte Richtlinien (sog. Governance) verankert sein. Dann gelinge es, Moral als Ressource in wirtschaftlichen Transaktionen, z.B. Verträgen, zur Geltung zu bringen. Um tatsächlich im Wettbewerb Nutzen aus moralischen Positionen beziehen zu können, ist allerdings noch eine glaubwürdige Kommunikation erforderlich – die Kunden müssen die moralische Position des Unternehmens für wahrhaftig halten, nicht für blankes oder verkapptes Eigeninteresse. Ein Beispiel: Wer sich in einem Vertrag dazu verpflichtet, von seinem Lieferanten künftig nur Produkte zu beziehen, wenn diese ohne Kinderarbeit hergestellt werden, der gewinnt am Markt an Achtung. Es sei denn, es stellt sich heraus, dass die Lieferanten statt Kindern sowieso nur noch automatisierte Maschinen benutzen – dann wäre der „Verzicht“ auf Kinderarbeit nicht mehr glaubwürdig.
Bei Wieland steht die Moral nicht neben den Unternehmen oder der Ökonomie, sie ist vielmehr ein Teil davon. Er geht sogar so weit, neben dem wirtschaftlichen Kapital vom moralischen Kapital zu sprechen. Erst beides zusammen ergebe das echte unternehmerische Kapital, so der Professor.
Mit Werten in Führung? Wie der Würzburger Wirtschaftsethiker Prof. Dr. Bolsinger unser Werte- und Nachhaltigkeitsmanagement mitgestaltet.
Mit Werten nachhaltig wirtschaften

Prof. Dr. Harald Bolsinger ist Wirtschaftsethiker an der FHWS Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt und wissenschaftlicher Geschäftsführer der Initiative Zeit für Ethik. Zudem unterstützt er die Evenord-Bank persönlich als wissenschaftlicher Berater. Er beschäftigt sich mit wirkungsvollen Möglichkeiten der operativen Umsetzung gesellschaftlicher Moralvorstellungen in Unternehmen und verantwortungsbewusstem Wirtschaften im globalen Kontext. Dazu entwickelte er ein Modell zur Implementierung eines glaubwürdigen Wertemanagementsystems in Unternehmen. Die konsequente Anwendung dieses Modells und des entsprechenden Instrumentariums über rund 5 Jahre in allen Unternehmensbereichen hat unsere Bank auf dem Weg zu einer einzigartigen Wertekultur mit Sinn begleitet.
Differenzierungsmerkmal Werte
Bolsinger stellt fest: „Werte sind gestaltbare Kulturfaktoren, die das Handeln der Menschen wesentlich prägen. Deshalb ist es zur Gestaltung einer einzigartigen Unternehmenskultur unerlässlich, den empirisch erfassbaren Kontext zu betrachten und darauf aufzubauen.“ Insbesondere in Märkten mit homogenen Gütern und Vertrauensgütern ist die sichtbare Unternehmenskultur – bestehend aus tatsächlich gelebten Werten – das wichtigste, langfristig wirksame Differenzierungsmerkmal. So müssen gelebte Werte im Handeln sichtbar und damit messbar sein, was bei nur marketinggetriebenen Werten oftmals nicht der Fall ist. Ein langfristig glaubwürdiges Werteset kann nach der Erfahrung des Wirtschaftsethikers nur von innen nach außen wachsen, muss in seiner Kombination einzigartig sein und den wesentlichen Anspruchsgruppen der Organisation entsprechen.
Sinn und Gewinn
Für den Würzburger Wirtschaftsethiker ist die motivationale Kernfrage von Menschen die nach dem Sinn ihres Handelns: Welchen Sinn hat die Organisation, das Unternehmen und das Handeln des Einzelnen? Wofür schlägt das Herz der Organisation? Gewinnbringendes Geschäft ist eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung, um die Sinnfrage eines Unternehmens belastbar zu beantworten! Der Existenzweck eines Unternehmens liegt nicht in der Gewinnerzielung, sondern in einem sinnvollen Beitrag für gesellschaftlich definierte Herausforderungen. Umsatz- und Marktanteilsziele treten damit als Nebenbedingung in den Hintergrund, der Sinn des Unternehmens in den Vordergrund der Betrachtungen. Sinnzentrierung und die nachhaltige Nutzbarmachung einer spezifischen Wertekultur zur Verwirklichung der Unternehmensvision sichern die Einzigartigkeit der Organisation. Dabei prägen die Herzen der Mitarbeiter, wo und wie das Herz der Organisation schlägt. Was Sinn macht wird von Menschen gerne getan und am Markt verstärkt nachgefragt: „Sinn wird für alle zum Gewinn.“